von indymedia:
Meiningen (Südthür.): Nazis quälen Ökobauern
Antifaschistische Gruppe Südthüringen [AGST]
In Südthüringen stößt Naziterror auf eine Mischung aus Toleranz und Ignoranz. Widerstand dagegen kommt nur vereinzelt vor und wird notfalls von den Verantwortlichen kriminalisiert. In Melkers, einer 900-Seelen-Gemeinde etwa 10 km nördlich von Meiningen drangsalierten fünf Neonazis einen Ökobauern, fügten ihm schwere Verletzungen zu, beschimpften ihn antisemitisch, bespuckten ihn und töteten gar eine seiner Enten. Presse und Polizei schweigen.
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Das Haus des Bauern liegt zentral im Ort. Er erzählt von seinem Hof mit LPG-Stall außerhalb des Dorfes. (...)
Das Ehepaar beteiligte sich in der Vergangenheit schon oft an Anti-Nazi-Demonstrationen, ist gut informiert über aktuelle Entwicklungen und bestrebt sich antifaschistisch zu engagieren. Es sei schon ein paar Jahre her, erzählte der Bauer, als er mal in Kleinschmalkalden in einem Supermarkt einen Stapel „Nationalzeitungen“, die Parteizeitschrift der rechtsextremen DVU, entdeckte. Er stellte Verkäuferin und Geschäftsführerin zur Rede, kaufte alle Zeitungen und machte sie unschädlich. Das gefiel gar nicht, meint er. Der Sohn der Geschäftsführerin sollte später einer der Täter sein.
Am 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler und für jeden Provinznazi ein hoher Feiertag, hängt der Bauer immer eine „Stoppt Nazis“-Flagge aus dem Fenster, die er einmal im Nix-Gut-Versand bestellte.
Für Neonazis und das rechskonservative Klientel im Ort ist der tierliebe Ökobauer mit seiner alternativen Lebensweise, antifaschistischen Engagement und den Einsatz für Umweltschutz ein Dorn im Auge.
Am Samstag, dem 19. August schlug die Ablehnung und Anfeindung um in brutale Gewalt, ausgeführt durch junge Neonazis, die sich über Nacht Mut angetrunken hatten.
Was war passiert?
Gegen 6 Uhr morgens fuhr der Bauer, wie üblich auf seinen Hof, um die Tiere zu füttern. Ihn erwarteten 5 junge Männer, die ihm als Neonazis bekannt waren. Alle kamen aus dem Dorf bzw. dem Nachbarort und gröhlten „Heil Hitler“. Sie riefen dem Bauern „Du linke Ratte, jetzt kriegen wir dich!“ entgegen. Das Opfer verriegelte unter Schock sein Auto und versuchte mit den Neonazis zu reden und sie zum Weggehen zu bringen. Die Täter sprangen auf sein Auto, versuchten es anzuzünden, die Heckscheibe zu zerschlagen, es umzuwerfen. Vergebens. Daraufhin traten die Neonazis brutal auf eine Ente ein, bis sie leblos liegen blieb. Sie drohten weitere Tiere zu töten, wenn er nicht aussteigen würde. Der Bauer stieg aus und versuchte – immer noch unter Schock – zu flüchten. Die Neonazis verfolgten ihn, brachten ihn zu Fall und traktierten ihn mit Tritten und Schlägen.
Als der Bauer sich wieder aufrichtete zwangen sie ihn niederzuknien, bespuckten ihn und bedrohten ihn mit einer Holzlatte, beschimpften ihn als „dreckige stinkende Judensau“. Er sollte ihnen nachsprechen: „Adolf Hitler ist der Größte“ und „Ich bin eine stinkende Judensau“.
Ein Täter sagte schließlich: „Das hat keinen Sinn, mach ihn kalt.“ Mit einem Brett schlugen sie dem Bauern auf den Kopf und fügten ihm schwere Kopfverletzungen zu. Ein Neonazi filmte die Gräueltat mit seiner Handykamera und animierte die Schläger zur Flucht.
Der Bauer schleppte sich blutüberströmt zu seinem Auto. Er ist Bluter, nahm seine Medikamente ein und fuhr zu seinem Haus. Dort rief er die Polizei. Die Täter konnten kurz darauf gefasst werden. Während einer Befragung sagte einer der Polizisten zum Opfer, er solle sich nicht so aufregen, er sei ja gar kein Jude. Heute ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die fünf jungen Nazis wegen gefährlicher Körperverletzung. (...)
Das Schweigen brechen!
In den Tagen und Wochen darauf, trat das Schweigen ein. Die Polizei bemühte sich nicht um eine Pressemitteilung zum Vorfall. Die Presse schwieg bis heute. Einmal hielt man den Bauer an „die Sache nicht an die große Glocke zu hängen“. Bezug nehmend auf die Vorkommnisse in Mügeln sei dies rufschädigend für die Gemeinde, das Gewerbe und den Tourismus.
Samstagnacht (29.09.07) bekam der Bauer einen Anruf: „In 5 Tagen bist du tot.“ Er hat Angst um seine Frau und seine Tiere, schläft schlecht, aufgeben will er nicht. Er hat sich trotz knapper finanzieller Mittel einen Anwalt genommen. Er möchte gegen die Nazis nun vorgehen und die Gewalt, die man ihm und seinen Tieren antat, öffentlich machen.
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Die Antifaschistische Gruppe Südthüringen (AGST) solidarisiert sich mit dem Opfer und ruft auf den Vorfall nicht weiter tot zu schweigen. Seid solidarisch, veröffentlicht den Naziterror in euren Publikationen, sprecht darüber und helft mit das Schweigen zu brechen!