Sonntag, 30. September 2007

dunkeldeutschland otra vez


von indymedia:


Meiningen (Südthür.): Nazis quälen Ökobauern
Antifaschistische Gruppe Südthüringen [AGST]

In Südthüringen stößt Naziterror auf eine Mischung aus Toleranz und Ignoranz. Widerstand dagegen kommt nur vereinzelt vor und wird notfalls von den Verantwortlichen kriminalisiert. In Melkers, einer 900-Seelen-Gemeinde etwa 10 km nördlich von Meiningen drangsalierten fünf Neonazis einen Ökobauern, fügten ihm schwere Verletzungen zu, beschimpften ihn antisemitisch, bespuckten ihn und töteten gar eine seiner Enten. Presse und Polizei schweigen.
(...)
Das Haus des Bauern liegt zentral im Ort. Er erzählt von seinem Hof mit LPG-Stall außerhalb des Dorfes. (...)
Das Ehepaar beteiligte sich in der Vergangenheit schon oft an Anti-Nazi-Demonstrationen, ist gut informiert über aktuelle Entwicklungen und bestrebt sich antifaschistisch zu engagieren. Es sei schon ein paar Jahre her, erzählte der Bauer, als er mal in Kleinschmalkalden in einem Supermarkt einen Stapel „Nationalzeitungen“, die Parteizeitschrift der rechtsextremen DVU, entdeckte. Er stellte Verkäuferin und Geschäftsführerin zur Rede, kaufte alle Zeitungen und machte sie unschädlich. Das gefiel gar nicht, meint er. Der Sohn der Geschäftsführerin sollte später einer der Täter sein.
Am 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler und für jeden Provinznazi ein hoher Feiertag, hängt der Bauer immer eine „Stoppt Nazis“-Flagge aus dem Fenster, die er einmal im Nix-Gut-Versand bestellte.
Für Neonazis und das rechskonservative Klientel im Ort ist der tierliebe Ökobauer mit seiner alternativen Lebensweise, antifaschistischen Engagement und den Einsatz für Umweltschutz ein Dorn im Auge.
Am Samstag, dem 19. August schlug die Ablehnung und Anfeindung um in brutale Gewalt, ausgeführt durch junge Neonazis, die sich über Nacht Mut angetrunken hatten.

Was war passiert?

Gegen 6 Uhr morgens fuhr der Bauer, wie üblich auf seinen Hof, um die Tiere zu füttern. Ihn erwarteten 5 junge Männer, die ihm als Neonazis bekannt waren. Alle kamen aus dem Dorf bzw. dem Nachbarort und gröhlten „Heil Hitler“. Sie riefen dem Bauern „Du linke Ratte, jetzt kriegen wir dich!“ entgegen. Das Opfer verriegelte unter Schock sein Auto und versuchte mit den Neonazis zu reden und sie zum Weggehen zu bringen. Die Täter sprangen auf sein Auto, versuchten es anzuzünden, die Heckscheibe zu zerschlagen, es umzuwerfen. Vergebens. Daraufhin traten die Neonazis brutal auf eine Ente ein, bis sie leblos liegen blieb. Sie drohten weitere Tiere zu töten, wenn er nicht aussteigen würde. Der Bauer stieg aus und versuchte – immer noch unter Schock – zu flüchten. Die Neonazis verfolgten ihn, brachten ihn zu Fall und traktierten ihn mit Tritten und Schlägen.
Als der Bauer sich wieder aufrichtete zwangen sie ihn niederzuknien, bespuckten ihn und bedrohten ihn mit einer Holzlatte, beschimpften ihn als „dreckige stinkende Judensau“. Er sollte ihnen nachsprechen: „Adolf Hitler ist der Größte“ und „Ich bin eine stinkende Judensau“.
Ein Täter sagte schließlich: „Das hat keinen Sinn, mach ihn kalt.“ Mit einem Brett schlugen sie dem Bauern auf den Kopf und fügten ihm schwere Kopfverletzungen zu. Ein Neonazi filmte die Gräueltat mit seiner Handykamera und animierte die Schläger zur Flucht.
Der Bauer schleppte sich blutüberströmt zu seinem Auto. Er ist Bluter, nahm seine Medikamente ein und fuhr zu seinem Haus. Dort rief er die Polizei. Die Täter konnten kurz darauf gefasst werden. Während einer Befragung sagte einer der Polizisten zum Opfer, er solle sich nicht so aufregen, er sei ja gar kein Jude. Heute ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die fünf jungen Nazis wegen gefährlicher Körperverletzung. (...)
Das Schweigen brechen!

In den Tagen und Wochen darauf, trat das Schweigen ein. Die Polizei bemühte sich nicht um eine Pressemitteilung zum Vorfall. Die Presse schwieg bis heute. Einmal hielt man den Bauer an „die Sache nicht an die große Glocke zu hängen“. Bezug nehmend auf die Vorkommnisse in Mügeln sei dies rufschädigend für die Gemeinde, das Gewerbe und den Tourismus.
Samstagnacht (29.09.07) bekam der Bauer einen Anruf: „In 5 Tagen bist du tot.“ Er hat Angst um seine Frau und seine Tiere, schläft schlecht, aufgeben will er nicht. Er hat sich trotz knapper finanzieller Mittel einen Anwalt genommen. Er möchte gegen die Nazis nun vorgehen und die Gewalt, die man ihm und seinen Tieren antat, öffentlich machen.
(...)
Die Antifaschistische Gruppe Südthüringen (AGST) solidarisiert sich mit dem Opfer und ruft auf den Vorfall nicht weiter tot zu schweigen. Seid solidarisch, veröffentlicht den Naziterror in euren Publikationen, sprecht darüber und helft mit das Schweigen zu brechen!

Samstag, 29. September 2007

arrogant powers...


der anti-imperialismus kommt zu sich. oder: pack verträgt sich.


CARACAS: On a trip to strengthen ties with leftists in Latin America and roll back U.S. influence, the Iranian president, Mahmoud Ahmadinejad, has pledged to invest $1 billion in Bolivia and reaffirmed relations with the Venezuelan president with a declaration that "no one can defeat us."
Ahmadinejad announced the pledge Thursday in La Paz, then traveled to Venezuela. (...) Evo Morales, the president of Bolivia, who along with Chávez is one of Iran's major allies, called Ahmadinejad's visit historic as La Paz and Tehran established diplomatic relations for the first time.
Morales pledged that they "will work together from this day on, for our people, for life and for humanity."
Later on Thursday in Venezuela, Ahmadinejad and Chávez greeted each other warmly on a red carpet in front of the presidential palace.
"Together we are surely growing stronger," Ahmadinejad said through an interpreter, "and in truth no one can defeat us. Imperialism has no other option: Respect the peoples or accept defeat."
Chávez embraced the Iranian president, calling him "one of the greatest anti-imperialist fighters" and "one of the great fighters for true peace."
In his defiant speech to the UN General Assembly this week, Ahmadinejad rebuked "arrogant powers" seeking to restrict the Iranian nuclear program. Chávez also strongly defends Iran's nuclear research, insisting that it is for peaceful energy use despite U.S. suspicions that it is aimed at making nuclear weapons.
(...)Ahmadinejad's trip underscored his growing ties to Latin American nations, including Nicaragua and Ecuador, even as the United States tries to isolate him internationally. (...)



quelle:http://www.iht.com/articles/2007/09/28/america/iran.php

Mittwoch, 26. September 2007

In den Lüften da liegt man nicht eng

Ich habe gerade entdeckt, daß man einige Gedichte Paul Celans auf dieser Website von ihm selbst gesprochen hören kann. In der Biographie steht ärgerlicherweise nur, daß er in der Gruppe 47 gelesen hat, nicht, daß er dort ausgelacht und hinausgeekelt wurde.

klima konkret


so, ich kenne mich überhaupt nicht mit dem klima aus, will aber auch mal was zum thema beitragen.auch wenn es nur ein hinweis ist.
in der neuen konkret, die sich insgesamt wieder einmal recht langweilig ausnimmt gibt es auch einen fetten schwerpunkt zum thema. die literaturbeilage steht ganz im zeichen des klimawandels, allerdings habe ich mir noch keinen wirklichen überblick verschafft.
seeßlen berichtet von seiner "zugegeben manchmal enervierenden passage durch bücher von erdrettern und futurologen".
es gibt unter anderem noch artikel über die rede von der "moralisierung der märkte", die "braunen wurzeln der grünen verbände", bescheuerte tierrechtler, esoterik&klima und einen verriss der diversen "klima-knigge"-ratgeber (so der titel eines buches).

ansonsten:
leider darf auch fülberth wieder von heuschrecken schwadronieren.
leider gibt es auch den x-ten artikel über die haftbedingungen in stammheim.

gremliza packt in seiner kolumne mal wieder die guten alten ml-gewissheiten aus:

und wäre zur summe der menschen, die gefoltert, erwürgt, erstochen, totgeschlagen, erschossen, vergiftet und verbrannt werden mussten, bis das kapital seine troubadoure den sieg der freiheit besingen lassen konnte, außer den 2 millionen vietnamesen, deren leben unter spesen abgebucht wurde, nicht auch die zwanzig millionen sowjetbürger zu rechnen, deren ermordung durch die deutschen die klassenbrüder im westen, solange sie nicht selber den krieg erklärt bekamen, mit erlesener geduld zugesehen haben?


ja, vielleicht kann man ja auch die juden noch in dieser aufrechnung verwursten, die ja letztlich auch der perfidie und der kalten zweckrationalen berechnung der herrschenden klassen von deutschland UND den usa zum opfer fielen. gremliza kann gut schreiben, hat aber weder von kritik der politischen ökonomie noch von fetisch- und ideologiekritk eine ahnung, zumindest versteckt er sie immer wieder gekonnt.
sehr ärgerlich das.

Expertologie

Gestern durfte ich zum Glück endlich die Heizung anschalten, denn es war nun kalt genug dazu. Die vergangenen warmen Tage, die ich noch lesend im Park genoß, lösten nämlich in der ein oder anderen Sekunde ein durch Gedanken an den Klimawandel verursachtes Frösteln aus. In einer Glosse im CEE IEH # 141 habe ich mit einer Freundin unsere Meinung dazu kundgetan. Diese, obschon doch nur eine harmlose Meinung, wurde uns im nächsten Heft von einem Klima-Knowledge-Virtuosen in einem Antwort-Artikel um die Ohren gehauen.

Der Autor klagt darin an, daß wir uns gefälligst der Datenallmacht zu fügen hätten und auch mal dort unseren Eltern (resp. dem Mainstream) recht geben sollten, wo sie recht haben - auch wenn es deutsche Eltern sein mögen, was uns als 'Antideutschen' ja per se nicht behage. Eigentlich hätte die Anmerkung genügt, daß wir uns gar nicht in Gegenidentifikation üben, sondern nur das herzustellen suchen, was wir bei anderen Themen (und aus erkenntnistheoretischer Sicht) vehement ablehnen: Äquidistanz. Gepaart mit ein paar Zitaten aus unserem Artikel, die dies belegen, hätte das wohl genügt. z.B.:
"Es existieren recht plausible Theorien, die den Menschen als hauptursächlichen Motor für die Erderwärmung bezeichnen (CO2-Emissionen) und ebenso plausible, welche die Ursache eher weit außerhalb seines Wirkungsfeldes verorten (kosmische Strahlung). Gegen letztere ist man relativ ohnmächtig, erstere hingegen bieten einen Rahmen und ein Inventar an Aktionismus, der prinzipiell begrüßenswert, wenn er nicht so ideologisch gefüttert wäre und diabolische Feindbilder heraufbeschwören würde."
Da wir aber dem Leser zutrauten, dies auch selbst herauszulesen, erübrigte sich eine Replik. Lange Einleitung, kurze Pointe: Eigentlich wollte ich mich gar nicht in die Niederungen naiv-empirischer Meinungsumfragen hinablassen, aber die Äquidistanz, die der CEE-IEH-Experte nicht gelten lassen wollte, weil die wissenschaftliche Evidenz zu eindeutig sei, um sich hinter Neutralität verschanzen zu können, war wohl doch ein kluger Schachzug. In einem Artikel in der WELT durfte ich nun von einer Umfrage unter 'Klimaexperten' lesen, die alles andere als Konses hervorbrachte:
"Daran, dass es wärmer wurde, gibt es keine nennenswerten Zweifel. Über die Ursachen und Folgen dieser Entwicklung gehen die Ansichten der Klimaforscher jedoch ebenso auseinander wie über die Grundlagen des Forschungsstandes. Die Mehrheit der Klimaforscher (57 Prozent) ist der Ansicht, dass die "Folgen des Klimawandels für die Menschen im 21. Jahrhundert gefährlich" sind. Eine bedeutende Minderheit stimmt dieser These dagegen nicht zu, weil sie negative und positive Folgen sieht, weil sie die Gefahr generell bestreitet oder weil sie der Meinung ist, dass man darüber keine konkreten Aussagen machen kann. Eine Ursache dieses bemerkenswerten Befundes liegt in den Urteilen der Klimaforscher über die theoretischen und methodischen Grundlagen von Klimaprognosen. Die Ansichten der Klimaforscher hierzu sind ernüchternd. Die Mehrheit der Wissenschaftler ist der Ansicht, die Voraussetzungen für die Berechenbarkeit des Klimas seien gegenwärtig noch nicht gegeben. Dies betrifft die Menge und Qualität der empirischen Daten, die Qualität der Modelle und Theorien sowie die Kapazität der verfügbaren Analysetechniken.
Nur eine Minderheit von zehn bis 20 Prozent der Klimaforscher ist der Meinung, die empirischen und theoretischen Voraussetzungen für die Berechnung des Klimas seien heute schon gegeben. Dies dürfte sich auch in den vergangenen Monaten nicht wesentlich geändert haben."

Zugegeben werden muß allerdings, daß fast drei Viertel...
"...der Klimaforscher (73 Prozent) [...] den Menschen als eine mehr oder weniger bedeutende Ursache des Klimawandels [betrachten]."

Diese drei Viertel atomisieren sich aber nochmals in unterschiedliche gewichtete Antwortmöglichkeiten. So zählt auch die Antwort "Der Mensch und die Natur seien in gleichen Teilen dafür verantwortlich" dazu, die immerhin noch über ein Viertel der Wissenschaftler (27%) für richtig hält.

Und dann schreibt die bürgerliche Presse sogar noch bei uns ab. Denn dieses:
"Die Urteile der Klimaforscher über die Berechenbarkeit des Klimas verweisen auf die generelle Problematik einer wissenschaftlichen Diskussion, die die Grenzen der Fachöffentlichkeit überschreitet und zur Grundlage der öffentlichen Meinung und der politischen Willensbildung wird."
... ist wohl eindeutig hier abgekupfert:
"Der Klimadiskurs ist ein politischer und kein wissenschaftlicher. Die politische Dimension ist dabei an vielen Punkten kritikwürdig, überzogen, nervig. Aber der Kern des Problems – der Klimawandel – lässt sich nicht über einen gesellschaftlichen Diskurs und bestimmte Haltungen zu diesem lösen, sondern nur durch Expertise, die weder Feuilleton noch intelligente GesellschaftskritikerInnen vorweisen können."

Frechheit!

antifa, bitte übernehmen sie!



hier kurz ein schockierender ausschnitt aus einem artikel von ivo bozic, der im aktuellen schwerpunkt der jungle world zur querfront islam/linke erschienen ist.
es ist einfach uunfassbar, ich weiß wirklich nicht, wie auf einer semantischen ebene mit dem problem umgegangen werden soll, wörter wie emanzipatorisch, links etc. sind nurmehr völlig ihres begrifflichen kerns beraubte hüllen, sie sind allesamt völlig überflüssig, wenn solche positionen darunter subsumiert werden können. die praktischen konsequenzen, die daraus zu ziehen sind liegen dagegen auf der hand. es verbietet sich JEDE zusammenarbeit, diese antisemitische propaganda ist ihrem wesen nach nazistisch und muss bekämpft werden. die bilder sind übrigens nicht von der AIK aus Wien sondern vom Kampfbund Deutscher Sozialisten...


Einer von Jeplkes Mitarbeitern ist zudem kein ge­ringerer als der junge Welt-Autor Nikolaus Brauns, der gerade ein Buch herausgegeben hat, das wohl zum Übelsten gehört, was Linke, wenn man dieses Wort hier überhaupt noch benutzen will, her­vorzubringen vermögen. In dem Sammelband »Naher und Mittlerer Osten – Krieg, Besatzung, Widerstand« versammelt Brauns so ziemlich alle Autoren, die man bedenkenlos der links-jihadistischen Querfront zurechnen kann, einige von ihnen gehören selbst terroristischen Gruppen an oder unterstützen sie offen.

Rezensent Jürgen Elsässer, der das Buch in der jungen Welt begeistert als »unersetzliches Grundlagenwerk« feierte, fasste dessen Aussage treffend so zusammen: »Mit Hizbollah und Hamas gegen das Empire«. Die beiden antisemitischen Terrororganisationen seien, so Elsässer, die »Gruppierungen, die heutzutage die Hauptlast im Kampf gegen den neuen Kolonialismus tragen«. Unter den Autoren des Buches finden sich zum Beispiel Ali Fayyad von der Hizbollah, ein irakischer Ayatollah, der seinen Beitrag mit »Allah ist groß« un­terzeichnet, die beiden ehemaligen Stasi-Spione Klaus von Raussendorff und Rainer Rupp und der Kopf der Antiimperialistische Koordination (AIK), Willi Langthaler, der ebenso wie Autor Joachim Guilliard als Spendensammler für die Terror­truppe IPA (52/2003) in Erscheinung getreten ist. Mit einem antisemitischen Verschwörungsstück in dem Buch ebenfalls vertreten ist der Generalsekretär der IPA, Jabbar al-Kubaysi, der in einem junge Welt-Interview im August die partielle Zusammenarbeit des irakischen »Widerstands« mit al-Qaida bestätigte.

Willi Langthaler fordert in seinem Beitrag expli­zit die Querfront der Linken mit dem politischen Islam, mit Hizbollah (die das »Gegenteil« einer »reaktionär-konservativen Bewegung« sei) und Hamas, und beschreibt, was Linke und Islam neben antizionistischen und antiamerikanischen Grundfesten verbinde: »Es lassen sich zahlreiche Beispiele finden, wo der Islamismus nicht nur eine antiimperialistische, sondern auch sozial fortschrittliche Rolle spielt, wie bei der libanesischen Hizbollah oder beim palästinensischen Islamischen Jihad.« Die linke Qassam-Brigade geht in Stellung.

Auch Brauns selbst fordert in seinem Vorwort, sich dem stellvertretenden Generalsekretär der Hizbollah anschließend, ein »Bündnis des islamisch-religiösen Widerstands gegen Imperialismus und Zionismus mit der säkularen Linken«. (...)

Dass einige Mitglieder der Bundestagsfraktion »Die Linke« keine Berührungsängste mit islamistischen Terroristen haben, zeigte sich auch vor knapp einem Jahr, als die Fraktion einen Sprecher der Hamas zu ihrer »Nahost-Konferenz« einladen wollte. Der Abgeordnete Norman Peach erklärt regelmäßig, dass man mit der Hamas in den Dialog treten müsse. Hat man das von Brauns herausgegebene Buch gelesen, weiß man auch, was es zu bereden gibt. Oskar Lafontaines geplante, wenn bisher auch nicht zustande gekommene Iran-Reise ist bei alledem nur die Spitze des Eisberges.

Dienstag, 25. September 2007

Moadon beit hakvarot

The Cemetery ClubIch habe mir gestern den phantastischen Dokumentarfilm "The Cemetery Club" ansehen können. Ein sehr gelungenes Abend-Amusement, bis auf eine unreflektierte Palituch-Trägerin in der ersten Reihe, mit der ich eine Weile lang gedanklich beschäftigt war, weil ich ihr nicht zugestehen wollte, den Film genießen zu dürfen.

Jeden Samstag morgen trifft sich in Jerusalem eine Gruppe älterer Menschen, um auf dem Mount Herzl, der gleichzeitig Nationalfriedhof Israels und Park ist, ihre Sitzungen der Mount Herzl Academy abzuhalten. Sie debattieren, lesen eigene und berühmte Gedichte, Singen und runden das Ganze mit einem gemeinsamen Essen am Ende ab. Dieser Club besitzt sogar eine eigene Satzung, die als ersten Artikel und Zweck ausweist, miteinander zu Diskutieren um der Altersvereinsamung entgegenzuwirken. Der zweite Artikel besagt, daß Treffen auch bei sich verändernder Mitgliederzahl weiterhin stattfinden. Diese beiden stoßen bei Verlesung der Satzung auf Widerstand und es wird für die Streichung des Zusatzes "um der Altersvereinsamung entgegenzuwirken" und des kompletten zweiten plädiert - es wird klar, daß hinter dieser Forderung die Scham und eine notwendige Realitätsverweigerung stecken. Die volle Tragik, die in dieser Satzung und ihren ersten beiden Artikeln steckt, wird mit dem Voranschreiten des Films, dessen Zeitraum und Dreharbeit sich über fünf Jahre erstreckte, immer offensichtlicher. Gen Ende wird noch einmal eine überarbeitete Fassung der Satzung verlesen, die wieder die zur Streichung bestimmten Passagen aufgenommen hat - und im Gedenken an das gerade Gesehene nun als unverzichbar erscheinen.

Die meisten RezensentInnen schreiben davon, wie ergriffen sie davon waren, die Protagonisten als Shoah-Überlebende in freier Wildbahn beobachten zu dürfen - und damit stellen sie die Intention der Regisseurin auf den Kopf. Der Film dokumentiert hervorragend die scheinbare Indifferenz von Menschen im Alter - ihre Regression in kindliche Verhaltensmuster, ihre neurotisch anmutenden Verschrobenheiten, skurril wirkendes Gemeckere; schlicht alles was man über ältere Menschen zu wissen meint. Wenn die Protagonisten von ihren Erlebnissen im 3. Reich berichten, so tun sie dies ohne große Emotionalität (bis auf eine Einstellung, in der eine der Überlebenden zum ersten mal in ihr Heimatdorf nach Polen zurückkehrt). In einer Szene, in der über den Kantschen Imperativ argumentiert wird und ob dieser trotz Hitler und Nazideutschland seine Gültigkeit behaupten könne, wird sehr deutlich, daß diese Diskussion überall hätte stattfinden können. Als eine der Protagonistinnen, Lena, ihrer Nichte (der Regisseurin) über ihre Deportation vom Warschauer Getto nach Ausschwitz berichtet, merkt man ihr die rationale Unbegreifbarkeit dieser Erlebnisse an, die emotionale nicht. Es sind keine Tränen in Ihren Augen zu sehen. Ihre Stimme bleibt die ganze Zeit über alles andere als zitternd, sogar sehr bestimmend. Sie scheint zu dozieren. Der emotionale Bezug, die Traumata, all' das, was viele Rezensenten in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung stellen, kommt nicht vor - es ist Tief in den Protagonisten vergraben. Man kann es kaum erahnen. Man kann sich Gedanken darüber machen, wie so etwas überhaupt möglich ist, die Darstellung und der ständig präsente Hintergrund zwingt einem diese Gedanken sogar auf, aber eine Hilfe gibt einen der Film nicht an die Hand.

ceeieh #147 ist online

diesmal mit ganz vielen revolutionsspeacials!

das ceeieh feiert 90 jahre oktoberrevo mit jede menge grausamgründlicher kritik sowie ein klitzebisschen nostalgie.
es gibt zb texte über avantgardekunst, SI vs. ML, die (un-)mölichkeit über stalin zu lachen, und einen verriss von savlinksruckhamas.

check it out!!!

Montag, 24. September 2007

Zerrbild des Widerstands

Nachdem meine Rezension von Peter Weiss' "Ästhetik des Widerstands" anlässlich seines 25. Todestages im CEE IEH an der Faulheit des Rezensenten gescheitert ist, habe ich mich nun zu einem Relaunch entschlossen und werde vielleicht immer mal Thesen zum Buch einstellen, um vorab einige Gedanken zur Diskussion zu stellen:

Der Ich-Erzähler reflektiert immer wieder auf die Schwierigkeit eines Widerstands, die ihm im Begreifen der Totalität der Umstände begründet ist - was den faden Beigeschmack hat, eine ungewollte Apologetik der Unmöglichkeit eines Widerstands im 3. Reich zu betreiben. Praxis (die die Protagonisten als kommunistische verstanden haben wollen) geht immer mit dem Reduktionismus einher, das Ganze nicht fassen zu können resp. eine Ahnung des Gefangenseins im falschen Bewußtsein zu haben. (S. 113f.*). Dieses falsche Bewußtsein konstituiert sich doppelt: Zum einen aus der Schwierigkeit, wenn nicht gar Unmöglichkeit, aus ihrer Klassenzugehörigkeit das fassen zu können, was sie zum theoretisch geleiteten Widerstand "abarbeiten" (S. 107*). Zum anderen aus der systemimmanenten Perspektive des 3.Reiches, welches eigentliche, kritische Erkenntnis gar nicht zuließ, sondern immer nur im Erahnen, in der "Empfindung, daß das, was [sie] taten, das Richtige war" (S. 116*), verhaftet bleiben muß. Das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis führt die Protagonisten allzu oft in Stagnation. Der "Filter", den sie über ihren "Sinnen" (S. 113*) vermuten, läßt sie zwar noch seine Existenz erkennen, aber, je nach Standpunkt, scheinbar oder anscheinend nicht bezwingen. Und eben jener "Filter" ist dieses doppelt konstituierte , falsche Bewußtsein.

*Die Seitenzahlen beziehen sich auf die Taschenbuchauflage aller drei Bände von 2005